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Landeshoheit und Gerichtsbarkeit

Im Verband des mittelalterlichen deutschen Kaiserreiches gab es nicht nur freie Reichsstädte, sondern auch freie Reichsdörfer, die keinem Landesfürsten, Herzog oder Grafen Untertan, sondern unmittelbar vom Reich abhängig waren. In den vorliegenden kreisgeschichtlichen Werken wird freilich nur ein Ort als freies Dorf genannt, nämlich Michelbach im Primstal. Der Grund hierfür dürfte in der Tatsache zu suchen sein, daß Michelbach allein bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts seine Reichsunmittelbarkeit behaupten konnte. Es gab jedoch noch zwei freie Dörfer, die etwa bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts reichsunmittelbar waren, und zwar Haustadt und Honzrath.
Diese beiden Orte werden in der Kreisgeschichte des Landrats unter den vormals lothringischen Orten aufgezählt. In den Amtsbeschreibungen und Steuerlisten der Ämter Siersberg, Schaumburg und Wallerfangen werden bis ins 18. Jahrhundert hinein Haustadt und Honzrath nicht aufgeführt, wohl aber die Nachbarorte wie Beckingen, Erbringen, Reimsbach usw.
In den zahlreichen auf Honzrath und Haustadt Bezug nehmenden Schriftstücken, die sich unter den Akten des Herzogtums Lothringen im Archiv zu Nancy befinden, handelt es sich durchweg um Prozesse der Grund- und Gerichtsherren (auch Hexenprozesse) und um Streitigkeiten der beiden Gemeinden mit den lothringischen Beamten, die mit oder ohne Wissen des Herzogs die landeshoheithchen Rechte auf Haustadt und Honzrath ausdehnen wollten. Indes wird noch auf der Versammlung der Gemeinsleute zu Haustadt (Jahrgeding genannt) vom Jahre 1717 ausdrücklich festgestellt, daß der Ort „auf des heiligen Reiches Boden unmittelbar gelegen sei". Das gleiche wurde in Honzrath erklärt. Erst unter der Regierung des Herzogs Stanislaus (1737-1766) scheint es Lothringen gelungen zu sein, das Schirmrecht in den beiden Orten in die Landeshoheit umzuwandeln
Die Reichsunmittelbarkeit enthob die Einwohner der freien Dörfer nicht von den grundherrlichen Abgaben und Leistungen. Die Bauern waren nicht freie Eigentümer ihrer Höfe, denn sie waren sogar dem Rechte des „Besthauptes" oder Sterbefalls unterworfen, das immer ein besonderes Kennzeichen der Grundhörigkeit war. Grund- und Gerichtsherren durften laut Besthauptrecht beim Tode eines Zinsbauern von dessen Familie das beste Stück Vieh oder Möbel als Anerkennung der Grundhoheit einfordern. In Michelbach waren es das Stift „St. Simeon" in Trier und die Abtei Tholey, denen dieses Recht zustand. In Haustadt übten der Deutschordenskomtur zu Beckingen und die Herren "von Zandt" die herrschaftlichen Rechte aus. Die Befugnisse der letzteren gingen später auf die "von Blittersdorf" über. In den Jahrgedingen (Versammlungen der Gemeinsleute) von Haustadt und Honzrath 1717 wurden nach längerer Rechtsunsicherheit infolge der vielen Kriege die Rechte der Grund- und Gerichtsherren neu festgesetzt und ein Verzeichnis der Untertanen, geordnet nach ihrer Zugehörigkeit zu den einzelnen Herrschaften, aufgestellt.

In Haustadt befanden sich zehn Deutschordensuntertanen und zwei Blittersdorfer. Die Herren hatten in Haustadt ein „Plockhaus", ein Gefängnis, zum Einsperren „mißtätiger Personen". Unter der Linde wurden die Urteile gefällt.
Die Untertanen der freien Reichsdörfer hatten gegenüber ändern Orten lediglich die Vergünstigung, daß sie nicht zu den Landessteuern veranlagt werden konnten und auch nicht zu den Musterungen für den Milizdienst (Kriegsdienst) aufgeboten wurden. Steuern und Kriegsdienst waren sie im Prinzip wohl dem Reich und dem Kaiser unmittelbar schuldig, doch wurden diese bei der politischen Ohnmacht des „heiligen Reiches" im Spätmittelalter nicht mehr eingefordert.

Inhaber der mittleren Gerichtshoheit, waren um 1600 die Grund- und Hochgerichts-herren von Dillingen, die Herren "Zandt" und "von Merl". 1618 werden sechs Dillinger Hofleute in Honzrath aufgezählt, 1628 waren es „sieben Hausstedt", die für die Dillinger Herrschaft fronen mußten. Über die Zahl der Zandtischen Untertanen zu dieser Zeit existieren keine Aufzeichnungen.

Eine Aufstellung der Grund- und Hochgerichtsrechte in Honzrath enthält das Jahrgeding von 1717, veranlaßt durch die damaligen Hochgerichtsherren, nämlich den Deutschordenskomtur und den Freiherrn von Blittersdorf. Es bringt eine Neuordnung der Rechts- und Wirtschaftsverhältnisse, „nachdem durch verrückte und verderbliche Kriegszeiten vor so und soviel Jahren kein Jahrgeding mehr geschehen".
Die Schöffen stellten fest, daß die beiden Gerichtsherren, nämlich der Deutschordenskomtur Johann Philipp von Steinkallenfels und Karl Josef Freiherr von Blittersdorf je zur Hälfte Grund- und Hochgerichtsherren in Honzrath seien. Jeder der beiden hatte das Recht, seine Schöffen und Meyer ein- und abzusetzen. Jeder Schöffe, der neu hinzukam, mußte den Kollegen einen Taler stiften für das herkömmliche Schöffenessen. Missetäter wurden in Haustadt im Plockhaus eingeschlossen. Die Richtstätte war zu Honzrath unter der Linde. Aus einer Verhandlung im Jahre 1715 aber geht hervor, daß damals auf Distrikt Homburg ein Galgen errichtet werden sollte mit Langbaum auf zwei Steilen, von denen eine auf Deutschordens und eine auf Blittersdorfer Besitztum aufzustellen seien. Als Meyer und Schöffen im Jahrgeding gemahnt wurden, Bann und Bezirk Honzrath „nach Zeichen, Eichen und Gemerk" zu weisen, erbaten sie sich einen Aufschub, da solche Bannbegehung lange nicht mehr geschehen und sie junge Hofleute seien".

Als die Schöffen schließlich bezüglich der Fronen erklärten, die Blittersdorfer Untertanen seien nur begrenzter Fronen, die Deutschordensbauern aber überhaupt keiner schuldig, protestierte der Vertreter des deutschen Ordenshauses. Als weiterhin die Schöffen aussagten, der Wald stehe den Untertanen frei für die Holzentnahme, protestierten beide Beamte, sowohl der Beauftragte des Ordens als auch der des Freiherrn von Blittersdorf. Da man sich über diese Punkte nicht einig werden konnte, weigerten sich Meyer und Schöffen zu unterschreiben und wurden dafür jeder in eine Strafe von 16 Goldgulden genommen. Nur die beiden Beamten Johann Nikolaus Grosjean und Lothar Friedrich Richard, sowie Notar Bock aus Merzig unterschrieben das Jahrgeding.
Der Vorgang zeigt, daß die Bauern in der Feudalzeit durchaus nicht so unterwürfig gegen ihre Herrschaften waren, wie es in manchen populären Abhandlungen über die Lage des Bauerntums zur Zeit der Grundhörigkeit dargestellt wird.
Aus den Archiven des Deutschherrenordens von Beckingen geht die Stellung des Ordenshauses in Bezug auf das Reichsdorf Honzrath wiederholt hervor. In einer Beschreibung des Kommendehauses aus dem Jahre 1668 heißt es u. a.:

„Daß Dorff Hontzerath (Hontzrath) ist auch Reich und hat der Orden alda gegen den Herrn von Zant daß halbe Theil mit aller gerechtigkeit gleich in Haustatt." „In dem Reichsdorf „Hontzerath" (Honzrath) hatte der Orden 1668 noch 4 Hausstätten gegenüber 6, 40 Jahre vorher. Diese Untertanen gaben „wie von alters" an Schaft-Korn 5 Malter und 5 Faß. Der Orden hatte den dritten Teil des Zehnten (= 4 Malter), die große und kleine Jagd und Frondienste wie in Haustadt. An Kapaunen erhielt er 2 gegenüber 10 vor zeiten."

Aus dem Status von Beckingen aus dem Jahre 1698 ist zu lesen:
„Das Dorff Huntzrat (Honzrath) so Reichs,  von dem Orden mit hoher und Nieder Oberkeit her Eine halbe theil dependirendt (= zum halben Teil abhängig ist)."
In einer weiteren Beschreibung des Ordenshauses aus dem gleichen Jahr ist zu lesen, daß in Honzrath 4 Untertanen waren, die vom Hause abhingen. Es hatte Hauptrecht, den dritten Pfennig und die Untertanen mußten Hausfronen leisten. Der Komtur war Dezimator für den dritten Teil am Hauptzehnten, an Hanf- und Flachs-Zehnten zur Hälfte.

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